EINSATZ VON HANDBETÄTIGTEN KUNSTSTOFFARMATUREN
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Kunststoff-Armaturen findet man in allen möglichen Branchen, seit einigen Jahren auch Ventile aus leitfähigen Kunststoffen. Der Vorteil dieser Ventile ist die Kombination aus innerer und äußerer Korrosionsbeständigkeit und der Leitfähigkeit. Klassischer Einsatzfall: korrosive und leicht entzündbare Mischmedien wie sie zum Beispiel in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie vorkommen im Bereich der EX-Zonen, die den ATEX-Richtlinien unterliegen. Es gibt vom Prinzip zwei Hauptrichtlinien, die sich direkt mit der ATEX befassen: die ATEX-Betriebsrichtlinie 1999/92/EG und seit Kurzem die ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU (die die bisherige Richtlinie 94/9/EG ersetzt). Viele Betreiber von Anlagen sind durch die Richtlinien verunsichert. Dürfen sie generell Kunststoff Ventile einsetzen? Müssen die Armaturen leitfähig sein? Stimmt es, dass handbetätigte Kunststoffventile generell nicht den ATEX Richtlinien unterliegen? Im folgenden Beitrag wird versucht, dem Ganzen ein wenig Klarheit zu geben und dem Betreiber mehr Sicherheit zu vermitteln. |
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DER EINSATZ VON LEITFÄHIGEN KUNSTSTOFFARMATURENDie letzten 50 bis 60 Jahre haben einen gestiegenen Einsatz von Kunststoffventilen mit sich gebracht. Werkstoffe wie PVC, PP, PE oder PVDF erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Kunststoff Armaturen findet man heute in allen möglichen Branchen: chemische Industrie, Pharmaindustrie, Landwirtschaft, Sanitärbereich, Gebäudetechnik,Umwelttechnik, usw. |
Auch die Weiterentwicklung und die Verbesserung der konstruktiven Eigenschaften der verschiedenen Armaturentypen haben zu einem erweiterten Einsatz von Kunststoffarmaturen beigetragen. Aber die Entwicklungen in diesem Bereich befinden sich erst an ihrem Anfang. Fortschritte bei den Werkstoffen bieten neue Möglichkeiten und können nun auch andere Einsatzbereiche abdecken.
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Bekannt sind schon seit langem die Vorteile von bestimmten Mischwerkstoffen wie zum Beispiel das glasfaserverstärkte Polypropylen, das sehr gute mechanische Eigenschaften aufweist. Seit einigen Jahren gibt es nun auch Ventile aus leitfähigen Kunststoffen auf dem Markt (Bild 1). Dazu findet man auch passende Fittings, Rohre und sogar Plattenmaterial. Normale Polymere haben ja eine circa 15-mal niedrigere Leitfähigkeit als metallische Werkstoffe. Der Vorteil des leitfähigen Ventiles ist die kombinierbare Abdeckung zweier Probleme: die innere und äußere Korrosionsbeständigkeit und die Leitfähigkeit. Klassischer Einsatzfall: korrosive und leicht entzündbare Mischmedien wie sie zum Beispiel in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie vorkommen.
Der Haupteinsatz befindet sich im Bereich der EXZonen, die den ATEX-Richtlinien (ATEX kommt von Atmosphères Explosibles) der europäischen Union unterliegen. Es gibt vom Prinzip zwei Hauptrichtlinien die sich direkt mit der ATEX befassen: die ATEXBetriebsrichtlinie 1999/92/EG und seit Kurzem, die Tabelle 1: Eigenschaften eines Mischwerkstoffs aus Kohlefasern und Polypropylen |
ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU (die die bisherige Richtlinie 94/9/EG ersetzt).
WAS IST EINE LEITFÄHIGE KUNSTSTOFFARMATUR?Bis jetzt gab es nur Kugelhähne, Absperrklappen und Rückschlagklappen in PP-el auf dem Markt. Polypropylen selber ist kein gut leitender Kunststoff. Er zählt eher zu den klassisch isolierenden Werkstoffen. Was die Leitfähigkeit deutlich erhöht ist der Zusatz von Karbon-Fasern. Die Karbon-Faser ist eine bestimmte Form von Graphit. Kohlenstoff-Atome, als sechsgliedrige Ringe, bilden lange und feine Flächen. Man könnte sie sich wie Graphit Bänder vorstellen. Die Bindung von vielen Bändern geben dann die Fasern. Um Karbon-Fasern herzustellen, braucht man organische Polymer-Fasern. Diese Polymere sind meistens Acrylnitrilpolymere. |
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Tabelle 2: Gerätegruppen nach EG-Richtlinie 94/9/EG, Anhang I |
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Wenn wir unseren Fokus weiterhin auf Kunststoffarmaturen legen, sollten wir nochmals einige Details der ATEX-Richtlinien näher betrachten. ATEX-RICHTLINIE 99/92/EGWie bereits allgemein bekannt, muss der Betreiber seine Betriebe oder Betriebsbereiche in ATEX Zonen klassifizieren. Es gibt dann auch bestimmte Kriterien, um die Gerätegruppen in Kategorien einzustufen. Die Gerätegruppen haben sich von der Richtlinie 94/9/EG zu der Richtlinie 2014/34/EU verändert (Tabelle 2). Die Zonen (0, 1, 2 für Gase, Dämpfe, Nebel und 20,21, 22 für Staub) müssen gegen potentielle Explosionsquellen geschützt werden. Geräte, Schutzgeräte und andere Komponente müssen entsprechend ausgewählt werden. In Anhang II der Richtlinie, unter Punkt 2.5 steht: Es sind alle erforderliche Maßnahmen zu treffen, dass der Arbeitsplatz, die Arbeitsmittel und die dazugehörigen Verbindungsvorrichtungen, die dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden, so konstruiert, errichtet, zusammengebaut und installiert wurden und so gewartet und betrieben werden, dass das Explosionsrisiko so gering wie möglich gehalten wird…Der Betreiber wird also hier vom Gesetzgeber erstmals in die Pflicht genommen. ATEX-RICHTLINIE 2014/34/EUDiese Richtlinie ersetzt seit Februar 2014 die ATEXRichtlinie 94/9/EG. Sie soll sowohl den Herstellern |
von Komponenten wie dem Betreiber bei der Verwendung von Geräten in explosionsgefährdeten Bereichen unterstützen. In der Richtlinie gibt es mehrere Paragraphen, die sowohl Betreiber als auch Hersteller berücksichtigen sollten: Artikel 2 Begriffsbestimmungen, § 5explosionsgefährdeter Bereich (Ein Bereich, in dem die Atmosphäre aufgrund der örtlichen undbetrieblichen Verhältnisse explosionsfähig werden kann). Dies schließt aber einige Medien aus. Der VDMA, in seinem ATEX-Leitfaden, gibt das Beispieleines H2-Cl2-Gemisches, das hoch brennbar ist, aber nicht den atmosphärischen Bedingungen unterliegt. Dieses Beispiel wird nicht von der Richtlinie 2014/34/EU erfasst. Denn unter explosionsfähiger Atmosphäre gibt die Richtlinie folgende Definition (§4): Ein Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben unter atmosphärischen Bedingungen, in demsich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Entzündung auf das gesamte unverbrannte Gemischüberträgt. In unserem Beispiel trägt also der Betreiber dievolle Verantwortung. Er kann also nicht auf dasHersteller-Zertifikat des Herstellers vertrauen, sondern muss selber darauf achten, dass die eingesetzten Armaturen leitfähig sind. |
Artikel 2 Begriffsbestimmungen, § 9bestimmungsgemäße Verwendung: Die Verwendung eines Produkts in einer Art und Weise, die vom Hersteller dadurch vorgegeben wird, dass er das Gerät einer bestimmten Gerätegruppe und -kategorie zuordnet oder alle Angaben macht, die für den sicheren Betrieb des Schutzsystems, des Geräts oder der Komponente notwendig sind. Hier wird der Hersteller in die Pflicht genommen. Eine Kennzeichnung einer Armatur könnte dann wie folgt aussehen (Bild 2). Die Einstufung erfolgt laut Tabelle 2. Anhang II, § 1.1 Auswahl von Werkstoffen, 1.1.1.Die für den Bau der Geräte und Schutzsysteme verwendeten Werkstoffe dürfen unter Berücksichtigung betrieblich vorhersehbarer Beanspruchung nicht die Auslösung einer Explosion bewirken. Dieser Auszug aus der Richtlinie ist sehr wichtig und auch sehr explizit. Das größte Problem bei entzündbaren Medien, besonders bei den Medien, die in Rohrleitungen gefördert werden, ist die Reibungselektrizität (triboelektrischer Effekt). In den meisten Fällen sind die entstandenen Ladungen ungefährlich, doch bei manchen Produkten können die elektrostatischen Entladungen zum Entzünden des Mediums führen. Die Höhe der Aufladung hängt von den Eigenschaften des Mediums, der Strömungsgeschwindigkeit, des Arbeitsverfahrens, der Größe der Rohrleitung und des eingesetzten Werkstoffs ab. Thermoplaste wie sie normalerweise eingesetzt werden, haben einen Oberflächenwiderstand von größer gleich (1013 Ohm). Hier kann ein Abführen des elektrostatischen Bild 2: Kennzeichnung von Kunststoff-Armaturen nach ATEX |
Stromes nicht gewährleistet werden, da diese Werte einen isolierenden Werkstoff charakterisieren. Ein leitfähiger Kunststoff wie das PP-el hat einen Oberflächenwiderstand von < 106 Ohm. Messungen des Oberflächenwiderstandes bei leitfähigen Kunststoffkugelhähnen aus PP-el in einem Mischungsverhältnis von circa 80 % Polypropylen und 20 % Graphit ergeben Werte von 103 bis 104 Ohm. Das sind sehr gute Werte und damit ist die Leitfähigkeit garantiert.
Der Verbund zwischen PP und Graphit ist so gut, dass auch die chemische Beständigkeit weiterhin gewährleistet wird. Anhang II, § 1.3 potentielle Zündquellen, 1.3.2.Gefahren durch statische Elektrizität Elektrostatische Aufladungen, die zu gefährlichen Entladungsvorgängen führen könnten, müssen durch geeignete Maßnahmen vermieden werden. Hier noch einmal ein Hinweis auf die Gefahr die durch elektrostatische Aufladungen entstehen kann. Eine Gefahrenanalyse der Anlage, wie sie durch die Richtlinie vom Betreiber durchgeführt werden muss, kann von Anfang an die Rahmenbedingungen zu einer uneingeschränkten Inbetriebnahme der Anlage laut ATEX-Richtlinien gewährleisten. Beim Verwenden von Kunststoff-Rohrleitungen, muss dann sofort geklärt werden ob ein Risiko zur statischen Aufladung existiert. Sollte dies der Fall sein, sollte unbedingt ein leitfähiger Kunststoff zum Tragen kommen, und dies nicht nur für die Armaturen, sondern auch das ganze Rohrsystem. Es ist zu notieren, dass auch der Hersteller seinen Beitrag leisten sollte, indem er dem Betreiber alle wichtigen Informationen hinsichtlich Gerätegruppen und -kategorien zur Verwendung in Explosionsgefährdeten Bereichen angibt. |
Anhang II, § 1.3 potentielle Zündquellen, 1.3.3.Gefahren durch elektrische Streu- und Leckströme Elektrische Streu- und Leckströme in leitfähigen Geräteteilen, die beispielsweise zur Entstehung zündfähiger Funken, Überhitzung von Oberflächen oder gefährlicher Korrosion führen, müssen verhindert werden. Der Gesetzgeber gibt hier nochmals eine deutliche Warnung an Hersteller und Betreiber und weist auf Gefahren von Elektrischen Streu- und Leckströme hin. FAZITUngeachtet der Tatsache, dass handbetätigte Armaturen meist nicht der ATEX-Richtlinie 99/92/EG unterliegen, hat der Hersteller von Armaturen die Pflicht, beim Einsatz in Zusammenhang mit einer explosionsgefährdeten Umgebung alle möglichen Gefahren die durch den bestimmungsgemäßen Betrieb seines Produkts ausgehen können, zu analysieren. Automatisierte Ventile werden hier ausgenommen, da der Antrieb einem entsprechenden Konformitätsbewertungsverfahren unterliegt. Auf jeden Fall ist sicher, dass der Betreiber von Anlagen bei der Auswahl seiner Armaturen in der Verantwortung steht. Es gibt heutzutage leitfähige Kunststoffrohrsysteme die mögliche Probleme in EXBereichen lösen können. Die Entwicklung geht indem Bereich weiter, die Herstellung von leitfähigen Kunststoffen wird mit der Zeit wirtschaftlicher und die Auswahl an anderen Armaturentypen in leitfähigen Kunststoffen wird größer (Bild 3). AUTHOR .................................................................................. ALEXANDER KEIL SAFI DEUTSCHLAND Kunststoffarmaturen-Vertriebs-GmbH 64319 Pfungstadt Tel.: 06157-81919 alexander.keil@safi-valves.com www.safi-valves.com Veröffentlicht in der Zeitschrift Industriearmaturen 02/2015 - www.Industriearmaturen - |
Bild 3: Armatur aus leitfähigem Kunststoff für eine Gaswäsche-Anlage |
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